FÜR NEUE MUSIK ZÜRICH
Programm

PROGRAMM

22.11.2019  20:00  Zürich, Kunstraum Walcheturm
23.11.2019  20:00  "
24.11.2019  17:00  Pfungen, Ortschafft
05.12.2019  20:00  Luzern, Neubad
08.12.2019  17:00  Biel, La Voirie

Welt verrückt von Tobias Meier


Bild: Vera Mattmann

ensemble für neue musik zürich

Hanspeter Frehner Flöte
Manfred Spitaler   Klarinette
Viktor Müller      Klavier
Sebastian Hofmann  Schlagzeug
Daniela Müller     Violine
Nicola Romanò      Violoncello


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Valentine Paley (Vevey)         Tanz
Christian Windfeld (Aarhus, DK) Perkussion
Silvan Jeger (Zürich)           Kontrabass, Stimme
Tobias Meier                    Komposition/Inszenierung/Sounds

Philipp Schaufelberger (Zürich) Ton und Licht



Die Collage Welt verrückt bewegt sich zwischen wahnhaften und traumähnlichen Räumen, in denen unterschiedliche Realitäten co-existieren.

I «Alles so klein, so nahe, so nass» - bis sich die Wirklichkeit verrückt.
II «You are ok» - Intimität wird mir ins Ohr geflüstert. Virtuell die Wirbelsäule hinunter.
III Dekonstruktion und Rekonstruktion: Textüberbleibsel, Assoziationsstücke, Erinnerungslücken.


Tobias Meier


  

  


Verrückte Welt

Das Stück Verrückte Welt untersucht eine ver-rückte Wahrnehmung der Welt. In diesem Traum-ähnlichen Zustand verschiebt sich das Selbst im Bezug zur Aussenwelt und die bislang gültige Realität wird aufgebrochen. In Verrückte Welt begibt sich das ensemble für neue musik zürich und Through States of Matter in eine Zwischenwelt, wo mehrere Realitäten gleichzeitig existieren und Traumhaftes und Wahnsinniges nahe aneinander liegen.

In Verrückte Welt zerfliessen alle möglichen Grenzen zwischen den Auftretenden und dem Publikum, zwischen der im Stück erzählten Geschichte eines Protagonisten im Taumel der Sinne und der Wahrnehmung der Zuhörer*innen. Der Protagonist, dessen Welt sich im Verlauf des Stücks immer mehr verrückt, wird auf verschiedenen Ebenen dargestellt. So wird er mal von allen, mal von einzelnen Musiker*innen und mal von der Tänzerin Valentine Paley verkörpert. In einem anderen Moment vertauschen sich die Rollen; die Musiker*innen verkörpern jetzt die Aussenwelt, die durch den Filter der Sinne und Hirnwindungen zu einem Innenleben wird. Das Publikum befindet sich nun scheinbar im Inneren unseres Protagonisten befindet. Zusammen mit ihm verlieren auch die Zuhörer*innen langsam die Sicherheit einer einzig gültigen Realität. Erst durch die Anerkennung der Abwesenheit jener einzig gültigen Realität wird ein echter Kontakt überhaupt erst möglich.

Das ensemble für neue musik zürich & Through States of Matter untersucht in Verrückte Welt die Frage, ob es nach der Verrückung der Welt noch eine Normalität geben kann. Wie soll der Mensch mit der Wahrnehmung seiner Realität im Bezug zu anderen Realitäten umgehen? Wie kann man in Kontakt mit der Aussenwelt treten? Auf welchen Ebenen können wir miteinander kommunizieren und wie wissen wir, ob wir verstanden werden?
Verrückte Welt zehrt von den subjektiven Erfahrungen des Komponisten und der PerformerInnen und diskutiert neurowissenschaftliche, soziale und psychologische Aspekte.


Die Musik

Der Komponist Tobias Meier arbeitet in seinen Projekten meist mit experimentellen Methoden und schafft in seinen Stücken Räume, in denen sich Musiker*innen und Zuhörer*innen begegnen. In seinem Stück Verrückte Welt arbeitet er unter anderem mit Elementen, die in früheren Arbeiten bereits erscheinen. Das kammermusikalische ensemble für neue musik zürich wird dabei durch die Tänzerin Valentine Paley (Vevey), den Perkussionisten Christian Windfeld (Aarhus, Dänemark), den Kontrabassisten und Sänger Silvan Jeger (Zürich) und Tobias Meier (als Saxophonist) erweitert. Die Performer*innen arbeiten zudem mit elektronischen Instrumenten, wie Samplers, PureData-Programmen, Radio-Transmitters und weiteren Sound-Objekten. Durch spezielle Mikrofonierungen einzelner Instrumente werden verschiedene Innenwelten des Ensemble-Klangs hevorgehoben.

Der Raum wird in Verrückte Welt als erzählerische Komponente genutzt. Verschiedene Platzierungen der Performer*innen vor, zwischen und um das Publikum erzeugen dabei unterschiedliche Wahrnehmungs-Positionen. Gemeinsam mit der Tänzerin Valentine Paley werden für die Musiker*innen subtile Bewegungsabläufe entworfen, um den Raum nicht nur akustisch, sondern auch durch Bewegung zu erschliessen.

Wie in früheren Stücken von Tobias Meier sind die Performer*innen auch in Verrückte Welt am Entstehungsprozess beteiligt. Ihre unterschiedlichen Geschichten und Interessen werden reflektiert und integriert.
Tobias Meier


Tobias Meier (*1984) ist ein in Zürich basierter Saxophonist und Komponist. Als solcher ist er international aktiv, unter anderem mit Cold Voodoo (mit dem Bassisten Silvan Jeger), mit der Sängerin Dalia Donadio oder als Through States of Matter in wechselnden Zusammensetzungen. Tobias Meier hat verschiedene Arbeiten für Solo-Saxophon geschrieben und aufgeführt, sowie mehrere Werke für Ensembles zeitgenössischer Musik komponiert und zahlreiche szenische Sound-Performances aufgeführt. Als Komponist und als Improvisator interessieren ihn die architektonischen Gesten: die Szenarien und Methoden des Entwerfens, das Setzen klanglicher Koordinaten, entlang derer die Musik sich schrittweise entwickelt. Dieser Prozess ist für ihn mit einer irreduziblen Erfahrung verbunden, auf die es sich immer wieder aufs Neue einzulassen gilt. Einen musikalischen Raum aus Klängen, Zeit und Tonhöhen zu erzeugen bedeutet für ihn viel mehr ein Ereignis, denn etwas Autokratives und Abgeschlossenes: Erst der Zuhörer vervollständigt die Musik, erklärt er, fügt sie zu einem Ganzen zusammen. Genau darum ist für ihn die Gestaltung von Musik auf organisatorischer, rezipierender, und diskursiver Ebene genauso wichtig wie das Musizieren selber. Als Veranstalter der Konzertreihe Seismogram und des Wiediker Jazzfests, Mitinitiant des selbstorganisierten Label Wide Ear Records, Herausgeber eines Zines für Musiker (erschien erstmals 2015) sowie mit dem Entwerfen und Herstellen eigener Platten-Covers, gestaltet er ganz konkret die Erscheinung und die Rahmenbedingungen von Musik. Hinter all diesem Engagement steckt nicht nur ganz unverkennbar viel Liebe und Leidenschaft zur Musik, für die er immer wieder neue Risiken eingeht, sondern auch eine kontinuierliche Umsetzung und Weiterentwicklung seiner Ideen.

Tobias Meier wurde für seine Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Unter anderem mit dem Moods-Aïda Alliman-Preis (2019), einem Langzeitstipendium der Stiftung Àrvore (2014-2018), einem Atelier-Stipendium in Berlin der Stadt Zürich (2016-2017), als Artist-in-Residence im Moods Zürich (2011) und mit dem Mozart-Preis der Stadt Luzern (2008).

Through States of Matter Ensemble
Valentine Paley Tanz, Christian Windfeld Perkussion, Silvan Jeger Bass, Tobias Meier Saxophon, Inszenierung
Through States of Matter (TSOM) stellt eine Gesamtheit an künstlerischem Output des Musikers Tobias Meier und seines Umfeldes dar. TSOM bietet den Musiker*innen und Künstler*innen eine offene, integrative, freie und reale Arbeitsplattform. Die Kröte ist dabei das Symbol der beständigen Realität, mit der die flatterhaften Dinge des Geistes verknüpft werden müssen, damit sie nicht davonfliegen, ohne sich je zu verkörpern. Durch TSOM werden Ideen und Visionen durch Aggregatszustände hindurch transformiert, um schliesslich Fleisch zu werden. Die Organisation TSOM passt sich der Gestalt des künstlerischen Inhalts an und ist gleichzeitig Veranstalterin, Verlegerin, Label und Unterstützerin.
Als TSOM-Ensemble untersuchen Paley, Windfeld, Jeger und Meier Arbeitsweisen aus Tanz und Theater und bedienen sich einer erweiterten Ausdruckspalette mit Sound, Raum, Bewegung,Text.

Valentine Paley

Valentine Paley wird 1986 in Vevey geboren. Sie studierte zeitgenössischen Tanz in der Schweiz und in Frankreich sowie an der Universität Lausanne. Seit 2009 beschäftigt sie sich mit ihrer eigenen choreografischen Forschung. Sie entwirft und realisiert choreografische Stücke sowie Performances und Installationen im In- und Ausland. Sie arbeitet mit verschiedenen Festivals wie Les Printemps de Sévelin, La Fête de la Danse, La Fête du Slip oder La Caravane au FAR° zusammen. Als Darstellerin arbeitet sie gemeinsam mit den Künstlern Jasmine Morand, Louise Hanmer, Oliver Roth, Emmanuelle Santos, Audrey Bodiguel und Cécile Fraysse.

Sie liebt kollektive Abenteuer und ist Gründungsmitglied des Collectif RATS aus Vevey und des Vereins Fréquence Moteur, der insbesondere ihre Projekte produziert.


Christian Windfeld

Christian Windfeld, geboren 1983, ist ein Dänischer Improvisator, Komponist, Perkussionist und an der Royal Academy of Music in Aarhus ausgebildeter Solist. Im Alter von 19 Jahren begann er seine internationale Karriere mit Tourneen in ganz Europa, Nord Amerika und Australien aufzubauen und hat seither in Stockholm, New York City und Berlin gelebt.

Windfeld hat eine minimalistische und doch höchst ausdrucksstarke Herangehensweise an seine Instrumente. Häufig reduziert er dabei seinen Fokus auf ein einzelnes Instrument, wie z.B. Snare Drum, um dessen Potenzial zu erforschen und so die gemeinen Vorstellungen der Möglichkeiten zu transzendieren.

Als Komponist kreierte er Stücke und Installationen für Kunstausstellungen, sowie cross-media Publikationen mit Schriftstellern und bildenden Künstlern. Windfeld war an über 30 Aufnahmen beteiligt und veröffentlichte bisher zwei Solo-Arbeiten unter dem Namen Førstepersonental.


Silvan Jeger


Geboren 1985 in Olten, wohnt in Zürich. Als Kind und Jugendlicher Cellounterricht. E-Bass und Gesang in Punkband. Nach der Matur erste Kontrabassstunden. Von 2005 bis 2010 Bachelor- und Masterstudium des Jazz-Kontrabasses an der Zürcher Hochschule der Künste bei Dominique Girod, Rätus Flisch und Heiri Känzig sowie Unterricht bei Jan Schacher (Interfaces/ Softwareprogrammierung), Daniel Pezzotti (Cello) und Rahel Hadorn (Gesang).

Neben der Konzerttätigkeit als Kontrabassist Auftritte als Sänger, Gitarrist, Cellist, E-Bassist und Bediener diverser elektronischer Geräte. Stilistisch verteilt sich das Interesse dabei auf einen breiten Horizont von Jazz und freier Improvisation, über Theatermusik, experimentellen Pop und Ambient. Unter anderem als engagierter Sideman in Bands wie DAY&TAXI, dem Reto Suhner Quartett, dem Silvan Schmid Quintett und One Tfu, als Co-Leader in Uassyn, cold voodoo und "Wenn ich morgen stürbe...", sowie im eigenen Jazz-Quartett this difficult tree, im Konzeptpoptrio Kingdom Behauptung und im Soloprojekt publish/perish.

Club- und Festivalauftritte im In- und Ausland. Theatermusik für Tell/Zahhak von Mass&Fieber 2012/13 in Altdorf, Zürich und Teheran. Theatermusik für Die Wand, Theater Aachen im Herbst 2016. Im Oktober 2017 artist-in-residence im Zürcher Jazzclub moods. Ab HS 2018 Masterstudium in Transdisziplinarität an der Zürcher Hochschule der Künste.
15. Februar 2024
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