ARCHIV
29.10.2009 20:00 Zürich, Kunsthalle
Kunsthalle-Special:
Giacinto Scelsi, Graf von Ayala Valvai (1905-1988) www.scelsi.it
war ein Komponist, der sich weigerte, Noten zu schreiben. Seine Kompositionen, die sich oft um wenige Töne drehen, entstanden in Improvisationen, die er von Assistenten transkribieren liess.
Eine kleine Hommage:
„ensemble für neue musik zürich“ bespielt die Räume der Kunsthalle Zürich
Pwyll (1954) für Flöte solo
Maknongan (1976) für Kontrabassklarinette solo
Ko-Lho (1976) für Flöte und Klarinette
Hyxos (1995) für Altflöte und Schlagzeug
To the Master (1974) für Violoncello und Klavier
Le fleuve macique (1957/77) für Violoncello
Aitsi (1974) für Piano solo
aus: Divertimento N. 2 (1957) für Violino Solo
aus: Canti del Capricorno (1962/72) für Stimme und Schlagzeug
ensemble für neue musik zürich
Hans-Peter Frehner, Flöte
Manfred Spitaler, Klarinette
Viktor Müller, Piano
Lorenz Haas, Percussion
Urs Bumbacher, Violine
Nicola Romanò, Violoncello
Kornelia Bruggmann, Sopran
Giacinto Scelsi (* 8. Januar 1905 auf dem Familienschloss der Familie Scelsi bei La Spezia, Italien; † 9. August 1988 in Rom); vollständiger Titel und Name: Conte Giacinto Francesco Maria Scelsi d’Ayala Valva) war ein italienischer Komponist und Dichter.
Scelsi selbst war immer bemüht, keine Details über sein Leben in die Öffentlichkeit dringen zu lassen (beispielsweise gibt es von ihm kein einziges authentisches Bild) bzw. betrieb sogar bewusste Fälschungen. Als gesichert gelten dürfen folgende Eckdaten:
Giacinto Scelsi, Graf von d’Ayala Valva, stammte aus altem süditalienischen Adel. Seine frühen Jahre sind nur bruchstückhaft bekannt. Als Kind lernte er (vermutlich autodidaktisch) Klavier spielen, in seiner späten Jugend studierte er Komposition und Harmonielehre bei Giacinto Sallustio in Rom. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre ging er nach Paris, führte das Leben eines Dandys in Paris und London, heiratete eine englische Adelige aus der Verwandtschaft des englischen Königshauses, die sich bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs von ihm trennte. Er hatte engen Kontakt zum Kreis der französischen Surrealisten um Paul Éluard, Salvador Dalí und Henri Michaux. Anfang der 1930er Jahre studierte er bei dem Skrjabin-Anhänger Egon Köhler in Genf und 1935/1936 Zwölftontechnik bei dem Schönberg-Schüler Walter Klein in Wien. Er unternahm zahlreiche Reisen, u.a. nach Afrika und dem Fernen Osten.
In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre setzte bei Scelsi eine psychische Krise ein, die zu einem längeren Aufenthalt in einem Schweizer Sanatorium führte. In der Zeit zwischen 1947 und 1952 stellte er das Komponieren ein. 1952 ließ er sich endgültig in Rom nieder, seine Schaffenskraft kehrte wieder. Jetzt, um das fünfzigste Lebensjahr, begann er seinen persönlichen Stil zu entwickeln. Er lebte zurückgezogen, seine Musik fand zunächst wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Erst in den 1980er Jahren kam es vermehrt zu Aufführungen, es setzte nun eine rege Rezeption und Diskussion seiner Musik ein.
Vorleben
Scelsi war Anhänger der Reinkarnationslehre, für ihn begann sein Leben dementsprechend lange vor 1905. Nach eigenen Angaben wurde er das erste Mal im Jahr 2637 v. Chr. in Mesopotamien geboren, lebte als Assyrer am Euphrat und wurde zusammen mit seiner damaligen Frau im Alter von 27 Jahren getötet. Eine zweite Reinkarnation datierte er auf die Zeit Alexanders des Großen, anlässlich dessen Beerdigung will er bei einer Begräbnismusik mitgewirkt haben.
Musik
Scelsi schuf ein sehr eigenwilliges Werk, das nicht in die zeitgenössischen Strömungen der Moderne passt. Seine Kompositionen widersprechen der europäischen Tradition einer Kompositionspraxis, die auf eindeutiger Autorenschaft beruht, und sie fußen weder auf traditionellen Satztechniken noch besitzen sie eine Nähe zu Konzepten der musikalischen Moderne. Er entwickelte eine Vorstellung vom „sphärischen“ Klang, die er durch mikrotonale Elemente in seiner Musik umzusetzen bestrebt war. Zudem verabscheute er das Tonsetzen. Eine große Vielzahl seiner Werke entstand daher in einer Art intuitiver Improvisation, während er Klavier spielte. Diese „Improvisationen“ schnitt Scelsi auf Tonband mit und ließ sie anschließend von (zumeist unbekannt gebliebenen) Komponisten in Notenschrift bringen. In seinem Nachlass fanden sich mehr als 900 solcher Tonbänder, die zu einem Großteil bis heute noch nicht untersucht wurden. Einflussreich für seine Kompositionen ist Scelsis Auseinandersetzung mit östlichen Philosophien (insbesondere Indien). Scelsi erwarb in den 1980ern besonders in Frankreich und Deutschland einen relativ hohen Bekanntheitsgrad.
Kunsthalle-Special:
Giacinto Scelsi, Graf von Ayala Valvai (1905-1988) www.scelsi.it
war ein Komponist, der sich weigerte, Noten zu schreiben. Seine Kompositionen, die sich oft um wenige Töne drehen, entstanden in Improvisationen, die er von Assistenten transkribieren liess.
Eine kleine Hommage:
„ensemble für neue musik zürich“ bespielt die Räume der Kunsthalle Zürich
Pwyll (1954) für Flöte solo
Maknongan (1976) für Kontrabassklarinette solo
Ko-Lho (1976) für Flöte und Klarinette
Hyxos (1995) für Altflöte und Schlagzeug
To the Master (1974) für Violoncello und Klavier
Le fleuve macique (1957/77) für Violoncello
Aitsi (1974) für Piano solo
aus: Divertimento N. 2 (1957) für Violino Solo
aus: Canti del Capricorno (1962/72) für Stimme und Schlagzeug
ensemble für neue musik zürich
Hans-Peter Frehner, Flöte
Manfred Spitaler, Klarinette
Viktor Müller, Piano
Lorenz Haas, Percussion
Urs Bumbacher, Violine
Nicola Romanò, Violoncello
Kornelia Bruggmann, Sopran
Giacinto Scelsi (* 8. Januar 1905 auf dem Familienschloss der Familie Scelsi bei La Spezia, Italien; † 9. August 1988 in Rom); vollständiger Titel und Name: Conte Giacinto Francesco Maria Scelsi d’Ayala Valva) war ein italienischer Komponist und Dichter.
Scelsi selbst war immer bemüht, keine Details über sein Leben in die Öffentlichkeit dringen zu lassen (beispielsweise gibt es von ihm kein einziges authentisches Bild) bzw. betrieb sogar bewusste Fälschungen. Als gesichert gelten dürfen folgende Eckdaten:
Giacinto Scelsi, Graf von d’Ayala Valva, stammte aus altem süditalienischen Adel. Seine frühen Jahre sind nur bruchstückhaft bekannt. Als Kind lernte er (vermutlich autodidaktisch) Klavier spielen, in seiner späten Jugend studierte er Komposition und Harmonielehre bei Giacinto Sallustio in Rom. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre ging er nach Paris, führte das Leben eines Dandys in Paris und London, heiratete eine englische Adelige aus der Verwandtschaft des englischen Königshauses, die sich bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs von ihm trennte. Er hatte engen Kontakt zum Kreis der französischen Surrealisten um Paul Éluard, Salvador Dalí und Henri Michaux. Anfang der 1930er Jahre studierte er bei dem Skrjabin-Anhänger Egon Köhler in Genf und 1935/1936 Zwölftontechnik bei dem Schönberg-Schüler Walter Klein in Wien. Er unternahm zahlreiche Reisen, u.a. nach Afrika und dem Fernen Osten.
In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre setzte bei Scelsi eine psychische Krise ein, die zu einem längeren Aufenthalt in einem Schweizer Sanatorium führte. In der Zeit zwischen 1947 und 1952 stellte er das Komponieren ein. 1952 ließ er sich endgültig in Rom nieder, seine Schaffenskraft kehrte wieder. Jetzt, um das fünfzigste Lebensjahr, begann er seinen persönlichen Stil zu entwickeln. Er lebte zurückgezogen, seine Musik fand zunächst wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Erst in den 1980er Jahren kam es vermehrt zu Aufführungen, es setzte nun eine rege Rezeption und Diskussion seiner Musik ein.
Vorleben
Scelsi war Anhänger der Reinkarnationslehre, für ihn begann sein Leben dementsprechend lange vor 1905. Nach eigenen Angaben wurde er das erste Mal im Jahr 2637 v. Chr. in Mesopotamien geboren, lebte als Assyrer am Euphrat und wurde zusammen mit seiner damaligen Frau im Alter von 27 Jahren getötet. Eine zweite Reinkarnation datierte er auf die Zeit Alexanders des Großen, anlässlich dessen Beerdigung will er bei einer Begräbnismusik mitgewirkt haben.
Musik
Scelsi schuf ein sehr eigenwilliges Werk, das nicht in die zeitgenössischen Strömungen der Moderne passt. Seine Kompositionen widersprechen der europäischen Tradition einer Kompositionspraxis, die auf eindeutiger Autorenschaft beruht, und sie fußen weder auf traditionellen Satztechniken noch besitzen sie eine Nähe zu Konzepten der musikalischen Moderne. Er entwickelte eine Vorstellung vom „sphärischen“ Klang, die er durch mikrotonale Elemente in seiner Musik umzusetzen bestrebt war. Zudem verabscheute er das Tonsetzen. Eine große Vielzahl seiner Werke entstand daher in einer Art intuitiver Improvisation, während er Klavier spielte. Diese „Improvisationen“ schnitt Scelsi auf Tonband mit und ließ sie anschließend von (zumeist unbekannt gebliebenen) Komponisten in Notenschrift bringen. In seinem Nachlass fanden sich mehr als 900 solcher Tonbänder, die zu einem Großteil bis heute noch nicht untersucht wurden. Einflussreich für seine Kompositionen ist Scelsis Auseinandersetzung mit östlichen Philosophien (insbesondere Indien). Scelsi erwarb in den 1980ern besonders in Frankreich und Deutschland einen relativ hohen Bekanntheitsgrad.