ARCHIV
28.10.2006 11:00 Kunsthalle Zürich (Limmatstrasse 270)
Musik von Morton Feldman
For Christian Wolff (1986) for Flute, Piano, Celesta
For John Cage (1982) for Violin
For Aaron Copland (1981) for Violin, Piano
Piano (1977) for Piano
Duration I (1961) for Altoflute, Violin, Cello, Piano
Hans-Peter Frehner Flöte
Urs Bumbacher Violine
Nicola Romanò Violoncello
Viktor Müller Klavier
Jürg Henneberger Klavier
Die Musik wird ununterbrochen während der ganzen Öffnungszeit 11 - 17 Uhr gespielt.
Morton Feldman
Morton Feldman wurde am 12. Januar 1926 in New York geboren. Im Alter von zwölf Jahren studierte er mit der Busoni-Schülerin Madame Maurina-Press Klavier; ihr verdankt Feldman seine lebhafte Musikalität. Bevor er 1941 mit Wallingford Riegger Komposition zu studieren begann, schrieb er kurze, von Scriabin beeinflußte Klavierstücke. 1944 wurde Stefan Wolpe sein Lehrer; sie verbrachten jedoch sehr viel mehr Zeit mit Diskussionen über Musik. 1949 fand dann die ausschlaggebende Begegnung statt: Feldman traf John Cage, und damit begann eine für die Entwicklung der amerikanischen Musik in den Fünfzigerjahren entscheidende Zusammenarbeit. Cage war es, der Feldman Vertrauen zu seinen eigenen Ideen gab; daraus erwuchsen völlig intuitive Kompositionen. Er arbeitete nie mit irgendwelchen identifizierbaren Systemen, sondern schritt von Augenblick zu Augenblick, von einem klang zum nächsten. Zu seinen Freunden während der Fünfzigerjahre in New York gehörten die Komponisten Earle Brown und Christian Wolff, die Maler Mark Rothko, Philip Guston, Franz Kline, Jackson Pollock, Robert Rauschenberg und der Pianist David Tudor. Insbesondere die Maler beeinflußten Feldman bei seiner Suche nach einer eigenen, unmittelbare körperlicheren Klangwelt. Daraus ergaben sich Experimente mit graphischer Notation: PROJECTION 2 gehört zu den frühesten derartigen Partituren. In diesen Werken wählen die Spieler ihre Noten aus vorgegebenen Registern und Zeitstrukturen. Feldman war jedoch mit den Freiheiten, welche diese so stark von der Improvisation abhängigen Kompositionen den Interpreten zugestanden, nicht zufrieden und gab zwischen 1953 und 1958 die graphischen Notationen wieder auf. Doch die genaue Notation, welche er in dieser Zeit an deren Stelle setzte, fand er wiederum zu eindimensional, und so kehrte er für zwei Orchesterwerke - ATLANTIS (1958) und OUT OF LAST PIECES (1969) - zur Graphik zurük. Gleich nach diesen erschien eine Reihe von Instrumentalwerken mit dem Titel DURATIONS, in welchen die Tonhöhen genau festgelegt sind, die Interpreten aber gleichzeitig die Freiheit haben, ihre eigenen Dauern - innerhalb eines vorgegebenen Grundzeitmaßes - wählen zu können.
1967 begann die Zusammenarbeit zwischen Feldman und der Universal Edition mit der Veröffentlichung seiner letzten graphisch notierten Partitur, IN SEARCH OF AN ORCHESTRATION. Es folgte ON TIME AND THE INSTRUMENTAL FACTOR (1969), in welchem er erneut zur genauen Notation zurückkehrte. Mit Ausnahme von zwei Werken in den frühen Siebzigerjahren, behielt er von nun an die Kontrolle über Tonhöhe, Rhythmus, Dynamik und Dauer bei.
1973 erreichte Feldman eine Anfrage der University of New York in Buffalo, die Edgar Varese-Professur zu übernehmen; er hatte sie für den Rest seines Lebens inne.
Seit den späten Siebzigerjahren nahmen seine Kompositionen an Länge in einem solchen Grade zu, daß das zweite Streichquartett bis zu fünfeinhalb Stunden dauern kann. Es war besonders der Umfang dieser Werke, der zu Kontroversen Anlaß gab, doch Feldman war jederzeit glücklich, wenn er versuchen konnte, seine dahinter stehenden Gedanken zu erläutern:
"Meine ganze Generation hielt sich an die 20- bis 25-Minuten-Stücke. Das war unsere Uhr. Wir alle kannten sie und wußten mit ihr umzugehen. Sobald man aber einsätzige 20- bis 25-Minuten-Stücke hinter sich läßt, entstehen andere Probleme. Bis zu einer Stunde Dauer denkt man über die Form nach, doch nach eineinhalb Stunden zählt der Umfang. Form is leicht - einfach die Gliederung von Dingen in Teile, doch Umfang ist eine andere Angelegenheit. Man muß das ganze Stück überblicken - dazu bedarf es einer erhöhten Art der Konzentration. Vorher waren meine Stücke wie Objekte; jetzt sind sie wie sich entwickelnde Dinge."
Neun einsätzige Kompositionen von Feldman dauren mehr als eineinhalb Stunden.
Eines seiner letzten Werke, PALAIS DE MARI von 1986, ist mit einer Dauer von zwanzig Minuten fur eine späte Komposition ungewöhnlich kurz. Grund dafür war ein Auftrag von Bunita Marcus; für sie schrieb er ein Werk, das alle Dinge, die er in den sehr langen Stücken gemacht hatte, zusammenfassen und in ein kürzeres einbringen sollte. Da sie seine Zeitvorstellung kannte, bat sie ihn um ein zehnminütiges Werk, ahnend, daß es wohl die doppelte Länge haben werde.
Im Juni 1987 heiratete Morton Feldman die Komponistin Barbara Monk. Im Alter von einundsechzig Jahren starb er am 3. September 1987 in seinem Heim in Buffalo.
Musik von Morton Feldman
For Christian Wolff (1986) for Flute, Piano, Celesta
For John Cage (1982) for Violin
For Aaron Copland (1981) for Violin, Piano
Piano (1977) for Piano
Duration I (1961) for Altoflute, Violin, Cello, Piano
Hans-Peter Frehner Flöte
Urs Bumbacher Violine
Nicola Romanò Violoncello
Viktor Müller Klavier
Jürg Henneberger Klavier
Die Musik wird ununterbrochen während der ganzen Öffnungszeit 11 - 17 Uhr gespielt.
Morton Feldman
Morton Feldman wurde am 12. Januar 1926 in New York geboren. Im Alter von zwölf Jahren studierte er mit der Busoni-Schülerin Madame Maurina-Press Klavier; ihr verdankt Feldman seine lebhafte Musikalität. Bevor er 1941 mit Wallingford Riegger Komposition zu studieren begann, schrieb er kurze, von Scriabin beeinflußte Klavierstücke. 1944 wurde Stefan Wolpe sein Lehrer; sie verbrachten jedoch sehr viel mehr Zeit mit Diskussionen über Musik. 1949 fand dann die ausschlaggebende Begegnung statt: Feldman traf John Cage, und damit begann eine für die Entwicklung der amerikanischen Musik in den Fünfzigerjahren entscheidende Zusammenarbeit. Cage war es, der Feldman Vertrauen zu seinen eigenen Ideen gab; daraus erwuchsen völlig intuitive Kompositionen. Er arbeitete nie mit irgendwelchen identifizierbaren Systemen, sondern schritt von Augenblick zu Augenblick, von einem klang zum nächsten. Zu seinen Freunden während der Fünfzigerjahre in New York gehörten die Komponisten Earle Brown und Christian Wolff, die Maler Mark Rothko, Philip Guston, Franz Kline, Jackson Pollock, Robert Rauschenberg und der Pianist David Tudor. Insbesondere die Maler beeinflußten Feldman bei seiner Suche nach einer eigenen, unmittelbare körperlicheren Klangwelt. Daraus ergaben sich Experimente mit graphischer Notation: PROJECTION 2 gehört zu den frühesten derartigen Partituren. In diesen Werken wählen die Spieler ihre Noten aus vorgegebenen Registern und Zeitstrukturen. Feldman war jedoch mit den Freiheiten, welche diese so stark von der Improvisation abhängigen Kompositionen den Interpreten zugestanden, nicht zufrieden und gab zwischen 1953 und 1958 die graphischen Notationen wieder auf. Doch die genaue Notation, welche er in dieser Zeit an deren Stelle setzte, fand er wiederum zu eindimensional, und so kehrte er für zwei Orchesterwerke - ATLANTIS (1958) und OUT OF LAST PIECES (1969) - zur Graphik zurük. Gleich nach diesen erschien eine Reihe von Instrumentalwerken mit dem Titel DURATIONS, in welchen die Tonhöhen genau festgelegt sind, die Interpreten aber gleichzeitig die Freiheit haben, ihre eigenen Dauern - innerhalb eines vorgegebenen Grundzeitmaßes - wählen zu können.
1967 begann die Zusammenarbeit zwischen Feldman und der Universal Edition mit der Veröffentlichung seiner letzten graphisch notierten Partitur, IN SEARCH OF AN ORCHESTRATION. Es folgte ON TIME AND THE INSTRUMENTAL FACTOR (1969), in welchem er erneut zur genauen Notation zurückkehrte. Mit Ausnahme von zwei Werken in den frühen Siebzigerjahren, behielt er von nun an die Kontrolle über Tonhöhe, Rhythmus, Dynamik und Dauer bei.
1973 erreichte Feldman eine Anfrage der University of New York in Buffalo, die Edgar Varese-Professur zu übernehmen; er hatte sie für den Rest seines Lebens inne.
Seit den späten Siebzigerjahren nahmen seine Kompositionen an Länge in einem solchen Grade zu, daß das zweite Streichquartett bis zu fünfeinhalb Stunden dauern kann. Es war besonders der Umfang dieser Werke, der zu Kontroversen Anlaß gab, doch Feldman war jederzeit glücklich, wenn er versuchen konnte, seine dahinter stehenden Gedanken zu erläutern:
"Meine ganze Generation hielt sich an die 20- bis 25-Minuten-Stücke. Das war unsere Uhr. Wir alle kannten sie und wußten mit ihr umzugehen. Sobald man aber einsätzige 20- bis 25-Minuten-Stücke hinter sich läßt, entstehen andere Probleme. Bis zu einer Stunde Dauer denkt man über die Form nach, doch nach eineinhalb Stunden zählt der Umfang. Form is leicht - einfach die Gliederung von Dingen in Teile, doch Umfang ist eine andere Angelegenheit. Man muß das ganze Stück überblicken - dazu bedarf es einer erhöhten Art der Konzentration. Vorher waren meine Stücke wie Objekte; jetzt sind sie wie sich entwickelnde Dinge."
Neun einsätzige Kompositionen von Feldman dauren mehr als eineinhalb Stunden.
Eines seiner letzten Werke, PALAIS DE MARI von 1986, ist mit einer Dauer von zwanzig Minuten fur eine späte Komposition ungewöhnlich kurz. Grund dafür war ein Auftrag von Bunita Marcus; für sie schrieb er ein Werk, das alle Dinge, die er in den sehr langen Stücken gemacht hatte, zusammenfassen und in ein kürzeres einbringen sollte. Da sie seine Zeitvorstellung kannte, bat sie ihn um ein zehnminütiges Werk, ahnend, daß es wohl die doppelte Länge haben werde.
Im Juni 1987 heiratete Morton Feldman die Komponistin Barbara Monk. Im Alter von einundsechzig Jahren starb er am 3. September 1987 in seinem Heim in Buffalo.